Für den Kampf gegen den Hass fordert der Islamophobiereport 2021 von der Bundesregierung, mehr für Bildung, den Kampf gegen Gewalt und die Sichtbarkeit von Minderheiten zu tun.
(iz). Seit sieben Jahren wird der jährliche europäische „Islamophobiareport“ von den Politologen Enes Bayraklı und Dr. Farid Hafez herausgegeben. In jedem Band schreiben AutorInnen aus Forschung und Zivilgesellschaft über einzelne Länder.
In Hinblick auf die Bundesrepublik kommt der Autor (der Politik- und Religionswissenschaftler Zubair Ahmad) zu einem ambivalenten Bild. Obwohl die Zahl der „politisch motivierten Verbrechen“ inmitten einer globalen Pandemie um 23,17 Prozent angewachsen ist, gingen „islamophobe Vorfälle“ um 28,65 Prozent zurück. Ahmad sprach von insgesamt 732 Fällen aus dem vorliegenden Themenbereich.
2021 hätten „diskursive Events“ ihre Spuren hinterlassen. In ihnen seien MuslimInnen und Islam als „gefährlich, bedrohlich und konfliktiv“ geframt worden. Als Beispiele nennt er die aus Österreich importierte Debatte über den „politischen Islam“ sowie Vorstellungen einer „konfrontativen Religionsausübung“. Immer noch seien rassistische Einstellungen bei uns prävalent.
In Bezugnahme auf Erkenntnisse des DeZIM (Mai 2022) glauben 49 Prozent der Befragten an die Existenz „menschlicher Rassen“, während ein Drittel von der Überlegenheit mancher ethnischer Gruppen überzeugt ist. Andererseits erkennt eine große Mehrheit der befragten Deutschen die Existenz von Rassismus an. 61 Prozent sieht ihn als alltägliche Realität, während 22 Prozent selbst einmal rassistische Diskriminierung erleben mussten.
Parallel zu abstrakten Einstellungen in der Bevölkerung (wie sie durch die Leipziger Autoritarismus-Studie dokumentiert werden) sahen die letzten Jahre eine „enorme Zunahme“ an Angriffen auf MuslimInnen in Deutschland. Seit 2017 werden solche Vorfälle gesondert vom Bundesinnenministerium erfasst. Allerdings kam es in den Pandemiejahren 2020 und 2021 zu einem signifikanten Niedergang; die absolute Mehrheit der Täter stammt aus dem rechtsextremen Milieu. Kritisch merkt der Bericht an, dass die Bundesgeneralanwaltschaft bisher kein Verfahren in dieser Hinsicht eröffnet habe.
Eine Schlüsselrolle im öffentlichen Diskurs hat für den Autor der Begriff des und die Debatte über den „Politischen Islam“. Verschiedene Stimmen haben sich kritisch mit dem Konstrukt auseinandergesetzt, das zu einem Kollektivverdacht gegen MuslimInnen und der Einschränkung ihrer Grundrechte führe sowie eine negative Projektionsfläche sei. Die zitierte Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer bezeichnete Vorstöße wie in Österreich, unter dem Schlagwort „politischer Islam“ gesonderte Rechtsverstöße zu kreieren, als „absurd“, solange rechtskonforme Begriffsdefinitionen fehlten. Trotz dieser Kritik veröffentlichte die Union ein Positionspapier, das sich auf dieses Vorbild beziehe. Darin werde der Begriff verwendet, um Muslime und Islam als Sicherheitsbedrohung darzustellen. Gleichzeitig würden ansonsten extreme Verschwörungstheorien einer muslimischen Unterwanderung wiederholt.
Positiv merkt der Report an, dass die Bundesregierung entscheidende Schritte „im Kampf gegen Rassismus, rechten Extremismus, Antisemitismus und Antiziganismus“ unternommen habe. Trotzdem würde die Nutzung des Begriffs „politischer Islam“ eine Verbindung zwischen Religiosität, Kriminalität und Gefährlichkeit schaffen. Darüber hinaus fehle es in der Gesellschaft, die sich des Rassismus bewusst sei, an der Anerkennung von strukturellen Diskriminierungen.
Zur Bekämpfung von antimuslimischer Diskriminierung wurden unter anderem diese Handlungsempfehlungen ausgesprochen: Stärkung der Menschenrechtsbildung, koordinierte Strafverfolgung und Anklage islamfeindlicher Straftaten, ausreichende Ausstattung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sowie eine größere Repräsentation von Menschen mit Migrationshintergründen in relevanten Sektoren der Gesellschaft.